Donnerstag, 1. September 2016

Automatisch arbeitslos


In Nürnberg, Barcelona, Helsinki, Paris, Budapest, Vancouver und Sao Paulo sind bereits seit Jahren fahrerlose U-Bahnen unterwegs. Bei McDonalds geben die Kunden ihre Bestellung am Touchscreen auf, bezahlen am Automaten und holen sich am Verkaufstresen ihr Essen ab. McDonalds streicht dadurch weltweit hunderte Jobs. In den heutigen Industrienationen haben einst 90% der Bevölkerung als Bauern gearbeitet, heute sind es nur noch 2%. Im Jahr 1900 erzeugte eine Bäuerin mit ihrer Arbeitskraft Nahrung für 4 Personen, 1950 konnte sie schon 10 Menschen ernähren, 2000 waren es über 133.
Der Banken- und Versicherungssektor ist bereits zu über 50% automatisiert und digitalisiert. Seit 2015 verwendet Associated Press eine Software, die vollautomatisch Finanzberichte verfassen kann. Selbst Rechtsanwälte
werden jetzt gefeuert: In den USA übernehmen Computerprogramme, die auch komplexe Verhaltens- und Argumentationsmuster erkennen können,  immer mehr Recherchearbeit. Eine Studie der Universität Oxford kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2030 rund 47% aller Arbeitsplätze in den USA der Automatisierung zum Opfer fallen könnten.

Ein Viertel aller deutschen Erwerbstätigen verdingt sich mittlerweile im Niedriglohnbereich. Über ein Drittel aller offenen Stellen in Deutschland werden als Leiharbeit ausgeschrieben. Schon jetzt sind über eine Milliarde Menschen weltweit unterbeschäftigt oder ganz erwerbslos, Tendenz steigend. Über 40% der Menschheit schuftet für weniger als 2 US-Dollar Lohn am Tag. Schon jetzt rechnen Volkswirte vor, dass man 65% der Lohnkosten durch Outsourcing von Jobs aus Industrie- in Entwicklungsländer sparen könne. Setze man stattdessen Roboter ein, könne man 90% der Lohnkosten sparen.

Mit dem Gefasel von „Wachstum“, „Wettbewerb“ und „Standortsicherheit“ versucht man uns einzureden, dass wir „den Gürtel enger schnallen“ müssten, weil nur so sichere Arbeitsplätze möglich wären- und das alles sei auch noch „alternativlos“. Wir dürften die Reichen nicht zu stark besteuern, weil sonst die Leistungsträger ins Ausland gingen. All diese Dinge werden Konsens, dem auch Lohnsklaven und Gewerkschaften auf den Leim gehen.

Die Automatisierung ist nur dann ein Horrorszenario, wenn man innerhalb der kapitalistischen Logik denkt. Sie könnte ein Paradies sein, wenn nur die paradiesischen Früchte gerecht verteilt wären.

Ausschnitte aus „Automatisch arbeitslos“ von Patrick Spät in „Brennstoff Nr. 45“, siehe auch hier und hier

Siehe dazu auch unseren Beitrag "Roboter ersetzen Menschen"

2 Kommentare:

  1. Um so profane Dinge wie materielle Existenzsicherung werden sich künftig Maschinen kümmern. Der Mensch wird sich endlich - nach vielen Jahrtausenden - an seiner geistigen Weiterentwicklung arbeiten können. Die Chance auf weltweitem Frieden und weltweitem Wohlstand wird damit steigen wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Aber zuvor brauchen wir noch mutige Politiker, die die Wahrheit sagen. Nämlich, dass eine Umverteilung ungeahnten Ausmaßes notwendig sein wird.

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    1. Danke für den Super- Kommentar, der würde sich eine Headline verdienen!

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